Österreichs
Schiller.
Inszenierung und Perspektivenwandel
einer Rezeptionssteuerung
im 19. Jahrhundert.
Inszenierung und Perspektivenwandel
einer Rezeptionssteuerung
im 19. Jahrhundert.
Die Popularität Friedrich Schillers im 19. Jahrhundert ist geprägt von einer politischen Vereinnahmung bei den bürgerlichen Gedenk- und Dichterfeiern. Besonders die Feiern zu Schillers hundertstem Geburtstag 1859 gelten heute als Höhepunkt der Dichterverehrung. Sie hatten den Charakter von Massendemonstrationen und erschienen als utopische Imaginationen einer bürgerlichen und nationalen Einheit, die in der politischen Realität vorerst gescheitert war. Auch die österreichische Rezeption Schillers als „Klassiker“ der deutschsprachigen Literatur hat ihren Ursprung in einer verzögerten Begeisterung in der zweiten Jahrhunderthälfte. Während für die ideologische Funktionalisierung Schillers für Deutschland eine Reihe von einschlägigen Untersuchungen vorliegt, fehlen entsprechende Studien für die Habsburgermonarchie fast gänzlich. Die Dichterfeier 1859 in Wien erscheint im Kontext der politischen und sozialen Krisen als eigenständiges Phänomen, in dem die kollektiven Sehnsüchte und Illusionen des deutschösterreichischen Bürgertums zutage treten. Diesbezüglich widmet sich das vorliegende, interdisziplinäre Forschungsprojekt den folgenden Problemstellungen: Einerseits soll es zu einer erstmaligen Erforschung der Wiener Schillerfeier 1859 kommen, indem durch eine methodische Verknüpfung von „Gedächtniskultur“ und einem mittlerweile fachüblichen, „weiten“ Theaterbegriff die bisher unbeachtet gebliebenen Formen der politischen Inszenierung in den verschiedenen Festräumen und -situationen untersucht werden. Andererseits wird im Hinblick auf die spätere Denkmalerrichtung 1876 und die Dichterfeier 1905 ein Perspektivenwandel der Rezeptionssteuerung hinterfragt.
Die innovativen Aspekte des Forschungsprojekts liegen demzufolge einerseits in der ausständigen Grundlagenforschung zur österreichischen Schiller-Rezeption im 19. Jahrhundert, andererseits soll bisher noch unbearbeitetes Archivmaterial für die Erforschung der politischen Inszenierungen der Feierlichkeiten ausgewertet werden, wodurch Fragestellungen zur Problematik einer „österreichischen Identität“ ebenso evident werden, wie zu einer „österreichischen“ Literatur- und Theatergeschichtsschreibung.
Die Projektarbeit wird am Institut für Theaterwissenschaft der FU Berlin durchgeführt (Betreuer: Prof. Matthias Warstat), das seit mehreren Jahren einen Forschungsschwerpunkt zum Wechselspiel und zur Konvergenz von „Theatralität“ und Festkultur sowie den damit einhergehenden Reflexionen von kultureller Identität aufweist. Zudem kommt es zur Bearbeitung und Auswertung von bisher unerforschtem Archivmaterial des Goethe- und Schillerarchivs (Weimar) und des Literaturarchivs Marbach. Der Projektabschluss erfolgt am Institut für Theater-, Film und Medienwissenschaft der Universität Wien (Rückkehrphase, Betreuer: Prof. Stefan Hulfeld).
Aktivitäten - Vorträge - Publikationen